Mittwoch, 18. April 2012

Dimitris Mitropanos gestorben

Für mich kam die Nachricht völlig überraschend. In der letzten Zeit habe ich ihn zwar weniger gehört als früher, aber dass er als Sänger in Griechenland nach wie vor präsent und aktiv war, empfand ich als etwas ganz Selbstverständliches.

Ein Mal sah ich ihn vor ein paar Jahren live in Athen. Von seinen CDs habe ich die meisten. Wie das bei mir oft der Fall ist, haben mich auch bei Mitropanos häufig gerade jene Lieder weniger (oder teilweise gar nicht) angesprochen, die als die großen Erfolge bzw. als "Klassiker" gelten:
  • Die Ζαμπέτας-Lieder, die mir musikalisch meistens zu banal sind, als dass sie mich tiefer berühren könnten. Wie oft wurde im Radio z.B. "Θεσσαλονίκη" gespielt das Lied mit diesem musikalisch monotonen und einfallslosen "Θα πάρω το αμάξι μου στην τσέπη χαρτζιλίκι ...". 15 x hintereinander fast nur dieselbe Note!
  • Der legendäre Zyklus "Άγιος Φεβρουάριος", der mich nie beeindruckt hat. Ich vermute, es liegt daran, dass er (in Rhythmen und Instrumentierung) kaum etwas von der griechischen Klangwelt enthält. Es sind durchwegs "weiche", gleichsam impressionistische Klänge und Melodien, was vor allem auch durch die völlig deplatzierte, aber leider von Μούτσης immer wieder praktizierte Verwendung eines Harmoniums (?) (oder eines ähnlichen Instruments) hervorgerufen wird. Das erzeugt so eine kitschige Süßlichkeit des Klangs. Gerade zu den Texten von "Άγιος Φεβρουάριος" passt das überhaupt nicht. Kurz gesagt: Ich verstehe nicht, wieso gerade dieser Liederzyklus einen solchen Kultstatus erlangt hat.
  • Das Lied "Σ’ αναζητώ στη Σαλονίκη": Es ist musikalisch zweifellos aus einem anderen und meines Erachtens weitaus besseren Holz geschnitzt als die eben erwähnten Lieder von Moutsis. Dennoch hatte und habe ich beim Hören dieses Liedes immer ein gewisses Unbehagen: Herausgekommen zur Zeit der Hochblüte der Mazedonien-Hysterie in Griechenland (die Platte erschien 1992), verdankt es seine enorme Popularität wohl weniger seinen (allfälligen) künstlerischen Qualitäten, sondern wohl viel mehr dem Umstand, dass es wunderbar zum national(istisch)en Taumel jener Zeit passte. Ob das von den Urhebern des Liedes (Musik: Μάριος Τόκας / Text: Φίλιππος Γράψας) so beabsichtigt war, habe ich mich oft gefragt, konnte ich aber nie herausfinden. Der Verdacht liegt allerdings nahe. Schon der Titel der Platte (und gleichzeitig eines weiteren Liedes auf ihr) lässt darauf schließen: "Η εθνική μας μοναξιά" ("Unsere nationale Einsamkeit"). Ironisch könnte man so etwas als Ausdruck eines "weinerlichen Patriotismus" bezeichnen.

Jetzt aber zu Liedern von Mitropanos, die mir ganz besonders gefallen:
  • Aus seinen frühen (und teilweise auch noch "mittleren") Jahren etliche Lieder von Σπύρος Παπαβασιλείου und Τάκης Μουσαφίρης, die ja über längere Zeit die fast ausschließlichen "Musiklieferanten" für Mitropanos waren:
"Κυρά ζωή", "Καλοκαίρια και χειμώνες", "Σ’ αγαπώ σαν αμαρτία", "Δεν  έχω διαβατήριο" (alle mit Musik von Παπαβασιλείου), "Της ζωής το μαγαζί", "Ό,τι πιάνω εγώ στα χέρια", "Πες μου πού πουλάν καρδιές", "Το σ’ αγαπώ δεν το λέω σε κανένα", "Λαϊκά τραγούδια θα λέω μια ζωή" (alle mit Musik und Text von Μουσαφίρης) und viele andere.
  • "Τα νυχτέρια μας" der Liederzyklus mit wunderbaren Kompositionen von Σταύρος Κουγιουμτζής.
  • Mehrere Titel aus dem (zu Unrecht) anscheinend weitgehend unbekannt gebliebenen Zyklus "Ένας καινούργιος άνθρωπος" von Χρυσοβέργης + Γιατράς.

Und dazu noch viele weiter Lieder, die ich an dieser Stelle aufzählen könnte (z.B. von Χατζηνάσιος, Νικολόπουλος, Σπανός, Καλδάρας und Anderen).