Frau Dr. Salomon setzt sich in einem Leitartikel wieder einmal mit
größter Vehemenz und Unsachlichkeit für den Kapitalismus und seine
Profiteure ein ("Kurier" vom 25. April 2013).
Schon die Überschrift des Leitartikels zeigt, wo es propagandistisch langgeht: "Österreich ist kein Steuersünder-Land".
Im Text klingt das dann noch einmal so: "Österreich ist ein Land mit ausgeprägter Steuermoral trotz extrem hoher Steuersätze." Frau Salomons einziges Pseudo-Argument: "Auf den diversen Steuersünder-CDs, die in der jüngeren Vergangenheit aufgetaucht sind, fanden sich kaum Österreicher."
Die Realität ist freilich eine andere: Allein in der Schweiz sollen
20 Milliarden Euro Schwarzgeld aus Österreich liegen. Frau Salomon möge
einschlägige Berichte und Studien als unwahr entlarven – andernfalls
muss sie sich den Vorwurf des unredlichen Journalismus gefallen lassen.
Denn bei 20 Milliarden Euro Schwarzgeld (allein in der Schweiz) ist es
eine Unverfrorenheit, Österreich als "ein Land mit ausgeprägter
Steuermoral" zu charakterisieren.
In dem Leitartikel kommt es aber noch schlimmer. Die größte
Ungeheuerlichkeit steckt nämlich in folgendem, so nebenbei in den Text
eingestreuten Satz:
"Logischer als die Abschaffung der Straffreiheit für Steuersünder wären übrigens niedrigere Steuertarife."
Mit anderen Worten: Der Staat soll die Steuern senken; andernfalls
ist Steuerhinterziehung eine Art Notwehr des armen, ausgebeuteten
Steuerzahlers, die man doch um Himmels willen nicht auch noch bestrafen
darf.
Frau Salomon kennt folgende Tatsachen wohl sehr genau:
• Ein "normaler" Arbeiter oder Angestellter hat gar keinen Spielraum
für dubiose steuerliche Machenschaften; denn ihm wird die
(Einkom-men-)Steuer automatisch von seinem Gehalt abgezogen.
Frau Salomon verteidigt also (nur) jene, die ihre Einkünfte nicht
aus unselbständiger Erwerbstätgkeit erzielen. Und dass sich in dieser
Personengruppe gerade solche Leute als Steuerhinterzieher betätigen, die ohnedies
bereits steinreich sind (egal, ob als Unternehmer, Künstler, Sportler,
…), darf als bekannt vorausgesetzt werden. Mit anderen Worten: Frau
Salomon will niedrigere Steuersätze für die Reichen; andernfalls sei der
Staat selber schuld, wenn von diesen Personen Steuern hinterzogen
würden.
• Die
Überlegung ist natürlich – abgesehen von ihrer tiefen Unmoral – auch in
logischer Hinsicht völlig daneben. Denn wer Steuern hinterzieht, der
wird jede Möglichkeit dazu nutzen – egal, wie hoch oder niedrig der
Steuertarif ist. Wäre es anders, müssten gerade die (besonders) reichen
Steuer-sünder sagen: "Ich habe ohnehin genug an Einkommen bzw. Vermögen,
da zahle ich auch konsequent meine Steuer." Tun sie aber eben nicht.
Frau Salomons merkwürdige Überlegung liefe damit letztlich darauf
hinaus, dass man die Reichen überhaupt steuerfrei stellen müsste. (Und
es ist ihr leider durchaus zuzutrauen, dass sie diesen Effekt sogar
befürworten würde.)
• Weiters ist Folgendes zu bedenken: Wenn es für Frau Salomon o.k.
ist, dass Steuerdelikte gegen (vermeintlich) zu hohe Steuerforderungen
gleichsam aufgerechnet werden, dann muss man dieses Prinzip auch in
anderen Bereichen zur Anwendung bringen dürfen:
- Ladendiebstahl im Supermarkt? Kein Wunder, bei so hohen Lebens-mittelpreisen.
- Hausbesetzung? Logisch, bei den Wuchermieten, die verlangt werden.
- Banküberfall? Verständlich, wenn das durch die Erwerbsarbeit
erzielte Einkommen kaum mehr zum Leben ausreicht, während jene, für die
man arbeitet, Unsummen auf ihren Konten horten können.
- Und den Sonntags-Kurier darf man sich als Draufgabe auch noch aus
dem Zeitungsständer nehmen, ohne dafür zu bezahlen: Ist doch klar, dass
man bei einem Zeitungspreis von 1,20 € zum Stehlen verleitet wird.
Wie gesagt: all das wird Frau Salomon sicherlich ohnedies wissen.
Aber natürlich ist es nicht Leitartikel-tauglich. Dort geht es ja darum,
den Leser/innen regelmäßig eine zünftige Portion an
Kapitalismus-Propaganda unterzujubeln.