Im Kurier
vom 24. März 2019 wurde ihm - wieder einmal – viel Platz in Form eines
Interviews eingeräumt. Und da kam Bemerkenswertes zur Sprache:
Zwei Mal
betont Portisch die Bedeutung der Wahrheit im Journalismus.
Ziemlich am Beginn des Interviews erklärt er:
"Ich
war immer der Meinung, dass Fake News von der Politik gemacht werden. Journalisten
müssen diese aufdecken und kritisieren. Donald Trump ist es gelungen, die Journalisten
zu verteufeln – das ist auf Europa übergesprungen. Unsere stärkste Waffe ist
die Wahrheit."
Und gegen
Ende gibt Portisch den Medien den Ratschlag:
"Immer
ganz scharf bei der Wahrheit bleiben. Keinen Opportunismus zulassen."
Von wegen.
Der Mann entlarvt seine großen Worte dankenswerterweise gleich selbst und noch dazu im
selben Interview als eine gewaltige Heuchelei. Er schildert nämlich freimütig folgenden Vorfall:
"Der
Julius Raab [österreichischer Bundeskanzler von 1953 bis 1961] hat nie ein Interview
gegeben. Ich war auf Amerika-Reise mit ihm (als Mitarbeiter des österreichischen Informationsdienstes in New York, Anm. Red.).
US-Journalisten wollten ein Interview mit dem Kanzler machen, und er hat uns
gefragt: "Was soll ich da sagen?" Die New York Times hat sich um ein Interview bei ihm angestellt. Ich
weiß nicht, was wir getan hätten, um als Österreicher einmal in die NewYork Times zu kommen."
Nun,
Portisch wusste sehr genau, was zu tun war, um das Ziel zu erreichen: die
Medien und in weiterer Folge die Öffentlichkeit in unverschämtester Weise
belügen. Er setzt nämlich im Kurier-Interview wie folgt fort:
"Ja,
aber da muss ich Ihnen jetzt eine Sünde gestehen! Der Franz Karasek war damals
Sekretär vom Raab und hat mit mir gelitten. Da habe ich zu ihm gesagt: »Weißt was, wir schreiben das. Was
werden die US-Journalisten den Kanzler fragen, und was würde der antworten? Das
geben wir ihnen dann.«"
Raab selbst
habe von dem Schwindel nichts mitbekommen:
"Nein,
er konnte ja nicht Englisch. Er hat es nicht gemerkt. Das war im November 1954,
knapp vor dem Staatsvertrag. Da waren auch heikle Fragen darunter. […] Aber es
war natürlich herrlich: Österreich auf Seite eins der New York Times, ein Riesenerfolg."
Portisch
war damals 27 Jahre alt. Er hat also schon in jungen Jahren tatkräftig unter
Beweis gestellt, wie jedenfalls eine bestimmte Art von Journalismus
funktioniert: lügen, dass
sich die Balken biegen – Hauptsache, man setzt seine Ziele durch.
Der (dem
Generalkonsulat zugeordnete) ominöse "österreichische Informationsdienst in New York", in dem sich Portisch zu dieser Zeit betätigte, war offenbar eine Art
Propagandaabteilung Österreichs in den USA. Portisch war damals schon seit
mehreren Jahren im Zeitungswesen tätig, und gleichfalls 1954 kam er zum "Kurier",
dessen Chefredakteur er vier Jahre später wurde. Was soll uns veranlassen zu
glauben, dass jemand, der (noch dazu als Repräsentant einer offiziellen Stelle)
skrupellos ein Interview von A bis Z erfunden hat, in seiner früheren
oder weiteren Laufbahn – sei es bei den Zeitungen, sei es im ORF – nicht ebenso zu
unlauteren Mitteln griff, beispielsweise um seine Anliegen bei den
Medienkonsumenten zu platzieren, oder einfach, um spektakuläre Schlagzeilen
zu erzeugen? So jemand hat absolut jede Vertrauens- und Glaubwürdigkeit verspielt.
Wie
selbstgefällig, dass ausgerechnet jemand mit dieser Vergangenheit dreist behauptet,
"dass Fake News von der Politik
gemacht werden". Das zwar sicherlich auch; aber der Journalismus steht
dem um nichts nach – mal als Handlanger der Politik, mal als deren Gegner.
Was die
etwaige Gegnerschaft betrifft, braucht man sich nur eine andere Bemerkung
Portischs im jüngsten Kurier-Interview anzusehen. Auf die Frage, ob es heute einen
Kampf der Medien gebe, den es sich zu führen lohne, meinte er:
"Ja,
gegen Donald Trump."
Das ist
wenig originell und durch und durch logisch: Wer sich – wie Trump – mit den
Medien anlegt, der wird dafür von diesen bekämpft. (Wohlgemerkt dafür.
Allenfalls berechtigte Kritik an Trumps Person oder Politik ist lediglich
Mittel zum Zweck dieses Kampfes.) Wetten, dass dem Journalismus auch dabei alle
Methoden recht sind? Insofern war ich von Anfang an skeptisch, als die Medien
anfingen, in trauter Eintracht über Trump herzuziehen.
Im Übrigen
ist Portischs Bild der USA insgesamt ziemlich fragwürdig. Dass er stramm
antikommunistisch war, und dass er meint, die "Die Amerikaner haben die Freiheit für uns verteidigt",
sei ihm unbenommen. Reichlich naiv wird es allerdings, wenn er verklärt
feststellt:
"Wir
waren damals überwältigt von der Freundlichkeit der Amerikaner. Das war eine
zivilisierte Nation. Heute ist sie zu einem guten Teil verhetzt."
"Lernen
sie US-amerikanische Geschichte", muss man da dem sogenannten "Geschichtslehrer
der Nation" Portisch entgegenhalten. Er möge doch mal die USA-kritischen
Bücher seines (leider bereits verstorbenen) Journalisten-Kollegen Rolf Winter
lesen ("Gottes eigenes Land?", "Little America", "Ami
Go Home" u.a.); oder Karlheinz Deschners "Der Moloch"; oder
etwas von Noam Chomsky.
Das
Interview im "Kurier" vom 24. März ist überdies Beispiel für eine geradezu groteske journalistische Selbstbeweihräucherung. Die Interviewerin (auf sie
werde ich gleich noch zu sprechen kommen) fragt Portisch am Schluss:
"Was
sagen Sie zu unserem heurigen Jubiläum: 65 Jahre KURIER?"
Na, was wird
er schon antworten (können), auf so eine dumme Suggestivfrage:
"Der
damalige Chefredakteur Hans Dichand hat das richtig eingeschätzt: »Eines
kann ich dir sagen: Der KURIER ist unsinkbar.« Und das finde ich auch. Er hat
das Leben vieler Menschen mitgeprägt und hat auch jetzt seinen Platz sehr gut
gefunden."
Eigenlob
stinkt, meine Dame und mein Herr. Und es klingt in diesem Fall noch dazu furchtbar
banal. Um solchen Fettnäpfchen aus dem Weg zu gehen, gibt es nur einen
praktikablen Weg: Man unterlässt solche Fragen und erspart sich selbst und vor
allem auch dem Interviewten eine derartige Peinlichkeit.
Es ist wohl
schon zu erahnen, wer Portisch interviewt hat: die nunmehrige Chefredakteurin
des Kurier, Dr. Martina Salomon. Da musste ich schmunzeln, als ich las, wie Portisch in
Zusammenhang mit der journalistischen Wahrheit großspurig erklärt:
"Es
darf natürlich keine eingebildete Wahrheit sein. Also so lange recherchieren,
bis man hundertprozentig überzeugt ist. Der Leser merkt schnell, ob alles
stimmt, nichts korrigiert werden muss."
Ja, einen
solchen Korrekturbedarf gibt es häufig – gerade dann, wenn Frau Dr. Salomon
ihre "Wahrheit" verkündet. ;-) Hier im Blog habe ich das bereits mit
zahlreichen Beispielen belegt. Und weitere hätte ich schon wieder in der
Schublade …
Salomon hat mir diesmal ausnahmsweise aber auch einmal große Freude bereitet. Im
Interview mit Portisch sagte sie nämlich:
"Die
Menschen glauben den Medien aber immer weniger, die negative Energie in den
Rückmeldungen, die Journalisten bekommen, ist oft sehr hoch."
Ich gebe
zu: Das erfüllt mich mit Genugtuung und Schadenfreude. ;-)
Wie meinte
Hugo Portisch über die von der Politik gemachten "Fake News"? "Journalisten müssen diese aufdecken
und kritisieren." Und die Medienkonsument/innen tun ihrerseits gut
daran, in gleicher Weise die Schandtaten des Journalismus aufzuspüren und an
den Pranger zu stellen. Salomon, als Vertreterin dieser Zunft, mag darin ruhig
eine "negative Energie" sehen. ;-)