1.
Aus Anlass
eines Treffens der EU-Innenminister in Zagreb berichtete die "Zeit im Bild
2" am 24. Jänner 2020, dass das Flüchtlingslager Moria auf der
griechischen Insel Lesbos für knapp 3000 Personen ausgelegt sei und derzeit dort 19.000
Menschen laut Hilfsorganisationen "unter elendigen Umständen" leben
würden. Die konservative griechische Regierung habe angekündigt, Moria zu
schließen und jene Flüchtlinge aufs Festland zu holen, die gute Aussichten auf
Asyl hätten.
Der österreichische Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) kommentierte das bei dem Treffen in Zagreb wörtlich wie folgt:
"Wir halten es für falsch, dass die Menschen von den Inseln jetzt Richtung Festland gebracht werden, weil das wird dazu führen, dass die organisierte Kriminalität und die Schlepperei wieder mehr Menschen auf die Inseln zuführen wird."
Der österreichische Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) kommentierte das bei dem Treffen in Zagreb wörtlich wie folgt:
"Wir halten es für falsch, dass die Menschen von den Inseln jetzt Richtung Festland gebracht werden, weil das wird dazu führen, dass die organisierte Kriminalität und die Schlepperei wieder mehr Menschen auf die Inseln zuführen wird."
2.
Der
(parteilose) österreichische Außenminister Alexander Schallenberg gab am
21. Jänner dem deutschen Journalisten Gabor Steingart ein kurzes
Interview.
(https://www.gaborsteingart.com/podcast/https-dasmorningbriefing-podigee-io-378-neue-episode, zu hören z.B. hier,
https://soundcloud.com/user-191509493/seenot-rettungsmission-ist-undenkbar)
Gabor Steingart zu Schallenberg:
Gabor Steingart zu Schallenberg:
"[…] der deutsche Außenminister [Heiko
Maas] […] würde ganz gerne die Rettungsmission 'Sophia' auf dem Mittelmeer
wieder neu aufleben lassen und Geflüchtete, die kentern, rechtzeitig in einer
europäisch abgestimmten Mission aufnehmen, retten und an Land bringen. Trifft das
Ihre Zustimmung?"
Schallenberg:
Schallenberg:
"Für
uns ist auf jeden Fall klar, dass ein Wiederaufleben der 'Sophia'-Mission in
dieser Form undenkbar ist. Wir wollen jetzt keine Seenot-Rettungsmission in
Libyen – das ist nicht das, was das Land braucht. Wir wollen auch keine
Maßnahmen, die sozusagen einen Pull-Faktor wieder in die Europäische Union
zeitigen, sondern worum es jetzt geht, ist, den Waffenstillstand [Anm.:
zwischen den rivalisierenden militärischen Kräften Libyen] zu sichern, das kann
auch durch Luftraumüberwachung sein. Also wie gesagt, wir sind noch am Beginn
dieses politischen Prozesses. Aber ein Wiederaufleben der 'Sophia'-Mission
sehen wir nicht."
[…]
Steingart:
[…]
Steingart:
"Heiko Maas sagt, es sei ja
widersprüchlich, die Zustände in den Flüchtlingslagern in Libyen als
unmenschlich zu kritisieren und zugleich dann die Leute dorthin von der
libyschen Küstenwache zurückbringen zu lassen. Hat er da nicht Recht?"
Schallenberg:
Schallenberg:
"Wir
waren immer der Meinung, dass man die aktive Zusammenarbeit mit den Staaten in
Nordafrika suchen muss, aber auch die Transit- und Herkunftsländer einbeziehen
muss. Es kann nicht sein, dass das Betreten eines EU-Schiffes oder das Betreten
eines Strandes der EU zu einem fixen Ticket Richtung Europa wird. Dann wären
wir genau dort, wo wir 2015/16 schon waren."
Steingart:
Steingart:
"Also ein reines Wiederaufleben der
ursprünglichen 'Sophia'-Mission würde für Sie bedeuten: Man kommt zurück in die
von Kritikern [als] 'Pull-Faktor' bezeichnete Seenot-Rettungspolitik?"
Schallenberg:
Schallenberg:
"Ja,
das sehe ich so."
3.
3.
Alle oben
zitierten Äußerungen waren direkt aus dem Mund der beiden Minister zu hören.
Nehammer wird überdies im Kurier vom 25. Jänner zitiert. In einem Artikel mit
der Überschrift "Nehammer: «Gerettete zurück nach Libyen»" heißt
es:
"Auch in Zagreb [bei dem erwähnten Treffen der EU-Innenminister] war Libyen Thema. Die EU-Seenotrettungsmission «Sophia» soll zum Kampf gegen Menschenhandel beitragen. Für Nehammer ist klar: Werden die Flüchtlinge gerettet, dann müssen sie «dorthin zurückgebracht werden, von wo sie kamen. Das darf kein Ticket nach Europa werden»."
4.
"Auch in Zagreb [bei dem erwähnten Treffen der EU-Innenminister] war Libyen Thema. Die EU-Seenotrettungsmission «Sophia» soll zum Kampf gegen Menschenhandel beitragen. Für Nehammer ist klar: Werden die Flüchtlinge gerettet, dann müssen sie «dorthin zurückgebracht werden, von wo sie kamen. Das darf kein Ticket nach Europa werden»."
4.
Ein Ticket
(zurück) nach Libyen, das der famose Minister den Menschen in Seenot verordnet,
wäre ihm und seinem Kollegen Schallenberg zu wünschen:
Anmerkung:
Diesen
Herrschaften, die es nie notwendig hatten, auch nur für einen Moment ihren
Arsch aus der Komfortzone zu bewegen, würde eine Reise übers Mittelmeer gebühren.
Aber nicht auf einem Kreuzfahrtschiff, sondern in einem Schlauchboot. Und
nicht in Richtung Europa, sondern geradewegs in Richtung Libyen. Und falls sie
es bis dorthin schaffen, dann schnurstracks ab mit ihnen für ein paar Monate in
eines jener Lager, in denen derzeit so viele afrikanische Flüchtlinge bzw.
Migranten dahinvegetieren. Und wenn die zwei Herren auch das überstehen sollten
und anschließend wieder in Österreich in Erscheinung träten, dann wäre es ihnen
in der Zwischenzeit hoffentlich so ergangen, dass von ihnen solch
unerträgliche Äußerungen wie die oben zitierten nicht mehr zu hören sind.
Anmerkung:
Wie
erwähnt, steht das von den beiden Ministern Gesagte exemplarisch dafür, was in
Österreich (nicht nur, aber gerade hier) die herrschende, etablierte und
salonfähige Auffassung ist. Würde man alle Leute, welche die einschlägige Denkweise an den Tag legen, in gleicher Weise auf der Mittelmeerroute nach Libyen
schicken, so wären unzählige Boote gefüllt – und Österreich ein besseres Land.