Josef Votzi
– Redakteur und Politik-Ressortchef beim "Kurier" – ist so ein richtiger Wendehals; natürlich
bei Weitem nicht der einzige in seiner Zunft, aber ein besonders gelungenes
Exemplar.
Beim Begriff "Wendehals" orientiere ich mich dabei an den Ausführungen in der Wikipedia, wo es diesbezüglich heißt:
"Als Wendehals, in Anlehnung an den Vogel Wendehals (…), wurden in der Zeit der Wende in der DDR 1989 Personen bezeichnet, die ihre Gesinnung vor dem Hintergrund des zusammenbrechenden sozialistischen Systems stets der aktuellen politischen Lage anpassten. Bereits früher wurde dieser Begriff auf Opportunisten im Allgemeinen angewandt."
Ob es bei Votzi die jeweilige aktuelle politische Lage oder die jeweiligen Vorgaben der Chefredaktion (bzw. der Zeitungseigentümer) oder irgendwelche andere Motive sind, die ihn veranlassen, seine Gesinnung (oder das, was er als solche den Leser/innen präsentiert) wie das sprichwörtliche Hemd zu wechseln, ist schwer zu beurteilen. Es ist für das Resultat aber auch nicht weiter von Bedeutung. Denn dieses Resultat ist – unabhängig von den Motiven – ein Journalismus, der keinen Funken an Anstand, Glaubwürdigkeit und damit Vertrauenswürdigkeit besitzt.
In der Sache geht es (diesmal) um das Thema einer gerechten EU-weiten Aufteilung der Flüchtlinge, die im Wege entsprechender bindender Quoten für die einzelnen Mitgliedsländer angedacht war. Dieses (meines Erachtens sehr sinnvolle) Konzept scheiterte insbesondere am Widerstand diverser osteuropäischer Staaten, Flüchtlinge aufzunehmen.
Sehen wir uns an, wie Josef Votzi diese Situation beurteilt(e):
a) Am 28. Februar 2016 schrieb er dazu in einem Kurier-Leitartikel:
Beim Begriff "Wendehals" orientiere ich mich dabei an den Ausführungen in der Wikipedia, wo es diesbezüglich heißt:
"Als Wendehals, in Anlehnung an den Vogel Wendehals (…), wurden in der Zeit der Wende in der DDR 1989 Personen bezeichnet, die ihre Gesinnung vor dem Hintergrund des zusammenbrechenden sozialistischen Systems stets der aktuellen politischen Lage anpassten. Bereits früher wurde dieser Begriff auf Opportunisten im Allgemeinen angewandt."
Ob es bei Votzi die jeweilige aktuelle politische Lage oder die jeweiligen Vorgaben der Chefredaktion (bzw. der Zeitungseigentümer) oder irgendwelche andere Motive sind, die ihn veranlassen, seine Gesinnung (oder das, was er als solche den Leser/innen präsentiert) wie das sprichwörtliche Hemd zu wechseln, ist schwer zu beurteilen. Es ist für das Resultat aber auch nicht weiter von Bedeutung. Denn dieses Resultat ist – unabhängig von den Motiven – ein Journalismus, der keinen Funken an Anstand, Glaubwürdigkeit und damit Vertrauenswürdigkeit besitzt.
In der Sache geht es (diesmal) um das Thema einer gerechten EU-weiten Aufteilung der Flüchtlinge, die im Wege entsprechender bindender Quoten für die einzelnen Mitgliedsländer angedacht war. Dieses (meines Erachtens sehr sinnvolle) Konzept scheiterte insbesondere am Widerstand diverser osteuropäischer Staaten, Flüchtlinge aufzunehmen.
Sehen wir uns an, wie Josef Votzi diese Situation beurteilt(e):
a) Am 28. Februar 2016 schrieb er dazu in einem Kurier-Leitartikel:
"Dass
die Mehrheit der 28 EU-Staaten sich feige wegduckt und keinen einzigen
Flüchtling auf- oder übernimmt, bleibt eine Schande."
(Bereits
mit diesem – in sich widersprüchlichen und nicht schlüssigen – Leitartikel hatte ich mich in meinem
Blog ausführlich beschäftigt, siehe hier.)
b) Fast auf den Tag genau ein Jahr später wiederholte Votzi die obige Einschätzung in einem Leitartikel vom 26. Februar 2017. Sogar den Wortlaut behielt er bei:
b) Fast auf den Tag genau ein Jahr später wiederholte Votzi die obige Einschätzung in einem Leitartikel vom 26. Februar 2017. Sogar den Wortlaut behielt er bei:
"Bei
der Verteilung von Flüchtlingen […] ducken sich die meisten anderen EU-Nationen
feige weg."
(Diesen Leitartikel habe ich gleichfalls kritisch kommentiert, siehe hier.)
(Diesen Leitartikel habe ich gleichfalls kritisch kommentiert, siehe hier.)
c) Und jetzt kommen wir in die Gegenwart: Wieder in einem Leitartikel Votzis, nämlich im Kurier vom 2. Juni 2018, klingt das plötzlich so:
"Hinter den Kulissen erkennen heute auch Gegner an: Sebastian Kurz hat in der Asylkrise 2015 [Anm.: damals als Außenminister] eine tragende Rolle als Eisbrecher für eine realistische Flüchtlingspolitik gespielt. Auf den EU-Bühnen wurden weiter unverdrossen Asyl-Quoten propagiert, obwohl das EU-Gros nichts davon wissen wollte. Hätten die Quoten-Prediger die Oberhand behalten, hätten heute in noch mehr EU-Staaten brandgefährliche Nationalisten das Sagen."
[Artikel im
Internet hier
abrufbar]
Konsequent ist Votzi nur in seiner ebenso penetranten wie lächerlichen Bewunderung für Sebastian Kurz' Flüchtlingspolitik. Diese Lobhudelei kennt man schon aus seinen früheren Leitartikeln und wurde von mir bereits eingehend kritisiert. Votzis Meinung über die Asylquoten (bzw. deren Befürworter) steht hingegen erstens de facto in diametralem Widerspruch zu seinen früheren (unter a und b zitierten) Aussagen; zweitens ist seine Ansicht auch in der Sache selbst unredlich.
Zunächst zur Widersprüchlichkeit:
2016 und 2017 hat Votzi die Nichtaufnahme von Flüchtlingen durch diverse EU-Staaten als "feiges Wegducken" qualifiziert. Jetzt (im Juni 2018) verunglimpft er auf einmal jene als "Quoten-Prediger", die sich damals (zu der Zeit, als er selbst die betreffenden Leitartikel schrieb, und sogar noch früher!) für eine gleichmäßige und gerechte Verteilung der Flüchtlinge ausgesprochen hatten.
Wenn man ausschließt, dass Herr Votzi an Gedächtnisverlust leidet, kann ein solch eklatanter Wertungswiderspruch nur Ausdruck von journalistischer Gesinnungslosigkeit sein, die überdies auf die Vergesslichkeit bzw. den mangelnden Archivierungseifer der Leser/innen baut und dadurch ganz besonders empörend ist.
Ich ahne ja, was der (unseriöse) Grund für Votzis 180°-Wende sein dürfte: Am 26. Februar 2017 schrieb er einen chauvinistischen "Österreich-zuerst"-Artikel – und da waren jene die Bösen, die keine Flüchtlinge (und folglich keine Quoten) wollten (weil sie durch ihren Widerstand im Ergebnis verhinderten, dass Österreich von Flüchtlingen entlastet wird). Am 2. Juni 2018 ging es (ihm) hingegen um etwas Anderes.
Damit kommen wir auch schon zur Unredlichkeit in Votzis Argumentation:
Dazu muss man sich zunächst klarmachen, welchen Zweck der Leitartikel vom 2. Juni 2018 verfolgt: Er trägt (in der Papierausgabe) den Titel "Ein Europa, das sich vor Selbstmord schützt" und soll propagandistisch Stimmung für die EU machen (ganz anders als der Leitartikel vom 26. Februar 2017). In einem solchen Kontext sind Nationalisten Feindbild. Dementsprechend heißt es bei Votzi jetzt (am 2. Juni 2018) beispielsweise:
"In Italien wird ein Euro-Gegner zum Europaminister gemacht. […] Die Fraktion der glühenden Nationalisten erhält mit Italien einen Big Player, […]."
oder:
"Eine EU, die schützt, braucht auch nicht noch mehr Kleinstaaterei, das Beharren auf Vetorechten und eine Abkehr von der Reisefreiheit, wie sie FPÖ-Chef Strache propagiert."
Man beachte das fiese Doppelspiel, das hier betrieben wird (natürlich bei Weitem nicht nur von Votzi):
• Die Rechten / Nationalisten werden immer dann – und nur dann! – als gefährlich eingestuft, wenn sie letztlich den ökonomischen Interessen, die die EU verkörpert, schaden könnten (an erster Stelle dabei immer das Thema Euro).
[Anmerkung: In analoger Weise dämonisiert werden natürlich im Bedarfsfall auch Linke, wie die Hetze der "Europa-Befürworter" gegen Griechenland im Jahre 2015 bewiesen hat; und ebenso alle anderen sogenannten "Populisten" jedweder politischen Ausrichtung (siehe die Reaktionen auf den Brexit in Großbritannien oder neulich auf den Wahlerfolg der europaskeptischen 5-Sterne-Bewegung in Italien).]
• Das Bild wandelt sich grundlegend, sobald es nicht um ökonomische, sondern um im weitesten Sinne humanitäre Fragen geht, insbesondere um solche der Asyl- und Ausländerpolitik. Da verhalten sich der sogenannte Mainstream und die "Liberalen" aller Schattierungen nämlich immer sehr kleinlaut gegenüber den Rechten bzw. den Nationalisten. Ja noch mehr: Da bleibt nicht nur Kritik aus, sondern man identifiziert sich oft sogar mit den einschlägigen Auffassungen – und zwar immer unverhohlener. (Bereits meine oben verlinkten Kommentare zu den früheren Votzi-Leitartikeln führen das näher aus.)
Auch im Leitartikel vom 2. Juni 2018 findet sich wieder ein Satz, der die enge geistige Verwandtschaft von Rechten/Nationalisten und "Krypto-Rechten" im Umgang mit (dem) Fremden belegt. Votzi schreibt:
"Der Kanzler [Kurz] gratulierte derweil auf Twitter der dänischen Regierung zum Burka-Verbot – nach Frankreich und Österreich setzt ein Land mehr ein symbolisch wichtiges Zeichen."
Na ist das nicht eine traute Harmonie? FPÖ (zB. "Josef & Maria statt Burka und Scharia" [so ein Posting des Rings Freiheitlicher Jugend Niederösterreich]*) – der hochehrwürdige Sebastian Kurz – und der journalistische Vermittler Josef Votzi in bestem Gleichklang. Ein "symbolisch wichtiges Zeichen" ist für ihn das Burka-Verbot.
Konsequent ist Votzi nur in seiner ebenso penetranten wie lächerlichen Bewunderung für Sebastian Kurz' Flüchtlingspolitik. Diese Lobhudelei kennt man schon aus seinen früheren Leitartikeln und wurde von mir bereits eingehend kritisiert. Votzis Meinung über die Asylquoten (bzw. deren Befürworter) steht hingegen erstens de facto in diametralem Widerspruch zu seinen früheren (unter a und b zitierten) Aussagen; zweitens ist seine Ansicht auch in der Sache selbst unredlich.
Zunächst zur Widersprüchlichkeit:
2016 und 2017 hat Votzi die Nichtaufnahme von Flüchtlingen durch diverse EU-Staaten als "feiges Wegducken" qualifiziert. Jetzt (im Juni 2018) verunglimpft er auf einmal jene als "Quoten-Prediger", die sich damals (zu der Zeit, als er selbst die betreffenden Leitartikel schrieb, und sogar noch früher!) für eine gleichmäßige und gerechte Verteilung der Flüchtlinge ausgesprochen hatten.
Wenn man ausschließt, dass Herr Votzi an Gedächtnisverlust leidet, kann ein solch eklatanter Wertungswiderspruch nur Ausdruck von journalistischer Gesinnungslosigkeit sein, die überdies auf die Vergesslichkeit bzw. den mangelnden Archivierungseifer der Leser/innen baut und dadurch ganz besonders empörend ist.
Ich ahne ja, was der (unseriöse) Grund für Votzis 180°-Wende sein dürfte: Am 26. Februar 2017 schrieb er einen chauvinistischen "Österreich-zuerst"-Artikel – und da waren jene die Bösen, die keine Flüchtlinge (und folglich keine Quoten) wollten (weil sie durch ihren Widerstand im Ergebnis verhinderten, dass Österreich von Flüchtlingen entlastet wird). Am 2. Juni 2018 ging es (ihm) hingegen um etwas Anderes.
Damit kommen wir auch schon zur Unredlichkeit in Votzis Argumentation:
Dazu muss man sich zunächst klarmachen, welchen Zweck der Leitartikel vom 2. Juni 2018 verfolgt: Er trägt (in der Papierausgabe) den Titel "Ein Europa, das sich vor Selbstmord schützt" und soll propagandistisch Stimmung für die EU machen (ganz anders als der Leitartikel vom 26. Februar 2017). In einem solchen Kontext sind Nationalisten Feindbild. Dementsprechend heißt es bei Votzi jetzt (am 2. Juni 2018) beispielsweise:
"In Italien wird ein Euro-Gegner zum Europaminister gemacht. […] Die Fraktion der glühenden Nationalisten erhält mit Italien einen Big Player, […]."
oder:
"Eine EU, die schützt, braucht auch nicht noch mehr Kleinstaaterei, das Beharren auf Vetorechten und eine Abkehr von der Reisefreiheit, wie sie FPÖ-Chef Strache propagiert."
Man beachte das fiese Doppelspiel, das hier betrieben wird (natürlich bei Weitem nicht nur von Votzi):
• Die Rechten / Nationalisten werden immer dann – und nur dann! – als gefährlich eingestuft, wenn sie letztlich den ökonomischen Interessen, die die EU verkörpert, schaden könnten (an erster Stelle dabei immer das Thema Euro).
[Anmerkung: In analoger Weise dämonisiert werden natürlich im Bedarfsfall auch Linke, wie die Hetze der "Europa-Befürworter" gegen Griechenland im Jahre 2015 bewiesen hat; und ebenso alle anderen sogenannten "Populisten" jedweder politischen Ausrichtung (siehe die Reaktionen auf den Brexit in Großbritannien oder neulich auf den Wahlerfolg der europaskeptischen 5-Sterne-Bewegung in Italien).]
• Das Bild wandelt sich grundlegend, sobald es nicht um ökonomische, sondern um im weitesten Sinne humanitäre Fragen geht, insbesondere um solche der Asyl- und Ausländerpolitik. Da verhalten sich der sogenannte Mainstream und die "Liberalen" aller Schattierungen nämlich immer sehr kleinlaut gegenüber den Rechten bzw. den Nationalisten. Ja noch mehr: Da bleibt nicht nur Kritik aus, sondern man identifiziert sich oft sogar mit den einschlägigen Auffassungen – und zwar immer unverhohlener. (Bereits meine oben verlinkten Kommentare zu den früheren Votzi-Leitartikeln führen das näher aus.)
Auch im Leitartikel vom 2. Juni 2018 findet sich wieder ein Satz, der die enge geistige Verwandtschaft von Rechten/Nationalisten und "Krypto-Rechten" im Umgang mit (dem) Fremden belegt. Votzi schreibt:
"Der Kanzler [Kurz] gratulierte derweil auf Twitter der dänischen Regierung zum Burka-Verbot – nach Frankreich und Österreich setzt ein Land mehr ein symbolisch wichtiges Zeichen."
Na ist das nicht eine traute Harmonie? FPÖ (zB. "Josef & Maria statt Burka und Scharia" [so ein Posting des Rings Freiheitlicher Jugend Niederösterreich]*) – der hochehrwürdige Sebastian Kurz – und der journalistische Vermittler Josef Votzi in bestem Gleichklang. Ein "symbolisch wichtiges Zeichen" ist für ihn das Burka-Verbot.
*[siehe etwa die Abbildung auf vienna.at]
Die Affinität von Krypto-Rechts zu Original-Rechts wird aber oft noch um eine Stufe vertrackter: Man befürwortet und man tut (beim Ausländerthema) genau das, was die (Original-)Rechten wollen – mit der Begründung, dass es einen weiteren Zulauf zu den (Original-)Rechten zu verhindern gelte.
Konkretes Beispiel in Votzis Leitartikel vom 2. Juni 2018:
"Hätten die Quoten-Prediger [in der EU] die Oberhand behalten, hätten heute in noch mehr EU-Staaten brandgefährliche Nationalisten das Sagen."
Die dahintersteckende Denkweise lautet also: "Die Nationalisten (oder Original-Rechten) wollen (im Gleichklang mit dem überwiegenden Teil der einheimischen Bevölkerung) keine Ausländer im Land. Daher sind Asyl-Quoten schlecht; denn ihre Einführung könnte den Nationalisten noch mehr Popularität und Erfolg verschaffen. Und das gilt es zu verhindern. Nicht weil uns ihre Asyl- und Fremdenpolitik stört – ganz und gar nicht. Aber weil sie EU-kritisch oder -feindlich sind und dies für das herrschende ökonomische System (das die EU verkörpert und das wir mit Zähnen und Klauen verteidigen) von Nachteil (alias: 'brandgefährlich') sein könnte."
Ich zitiere dazu, was ich in meinem oben verlinkten Blog-Artikel vom 2. März 2017 geschrieben hatte:
"[…] ein Appell [Votzis] an die Regierung(sparteien): 'Handelt weiterhin so, wie es die Rechten gern tun würden, damit nicht die Rechten an die Macht kommen und es dann selbst tun.'
Die Absurdität dieser Argumentation (die übrigens keineswegs nur bei Votzi anzutreffen ist) müsste man einmal gesondert abhandeln."
Abgesehen davon, dass die Rechten in Österreich inzwischen ohnedies an der Macht sind, muss man das mit der Absurdität vielleicht etwas relativieren: Natürlich ist ein Appell, wie ich ihn in meinem Text pointiert formuliert habe, für sich genommen absurd, ja paradox. Keine Frage. Aber Herrn Votzis Leitartikel vom 2. Juni 2018 hat mir vor Augen geführt, dass dabei doch auch (ein schäbiges, aber logisches) Kalkül der Krypto-Rechten dahintersteckt:
Krypto-Rechts (bis Liberal) will einen Vormarsch von Original-Rechts aus europapolitischen (und damit letztlich ökonomischen) Interessen verhindern. Mittel zum Zweck ist dabei die Ausländerpolitik, bei der man sich gern zum Handlanger der Original-Rechten machen lässt. Und zwar "gern" in doppeltem Sinne: erstens, weil man diese damit in Schach hält und so den Bestand der (eigenen) System-Interessen gegenüber den "EU-Feinden" schützt; und zweitens, weil man dabei das tun kann, was einem ohnedies zusagt (oder womit man jedenfalls kein Problem hat): gegen Flüchtlinge, Zuwanderung, Islam etc. zu agieren und zu agitieren.
Die Affinität von Krypto-Rechts zu Original-Rechts wird aber oft noch um eine Stufe vertrackter: Man befürwortet und man tut (beim Ausländerthema) genau das, was die (Original-)Rechten wollen – mit der Begründung, dass es einen weiteren Zulauf zu den (Original-)Rechten zu verhindern gelte.
Konkretes Beispiel in Votzis Leitartikel vom 2. Juni 2018:
"Hätten die Quoten-Prediger [in der EU] die Oberhand behalten, hätten heute in noch mehr EU-Staaten brandgefährliche Nationalisten das Sagen."
Die dahintersteckende Denkweise lautet also: "Die Nationalisten (oder Original-Rechten) wollen (im Gleichklang mit dem überwiegenden Teil der einheimischen Bevölkerung) keine Ausländer im Land. Daher sind Asyl-Quoten schlecht; denn ihre Einführung könnte den Nationalisten noch mehr Popularität und Erfolg verschaffen. Und das gilt es zu verhindern. Nicht weil uns ihre Asyl- und Fremdenpolitik stört – ganz und gar nicht. Aber weil sie EU-kritisch oder -feindlich sind und dies für das herrschende ökonomische System (das die EU verkörpert und das wir mit Zähnen und Klauen verteidigen) von Nachteil (alias: 'brandgefährlich') sein könnte."
Ich zitiere dazu, was ich in meinem oben verlinkten Blog-Artikel vom 2. März 2017 geschrieben hatte:
"[…] ein Appell [Votzis] an die Regierung(sparteien): 'Handelt weiterhin so, wie es die Rechten gern tun würden, damit nicht die Rechten an die Macht kommen und es dann selbst tun.'
Die Absurdität dieser Argumentation (die übrigens keineswegs nur bei Votzi anzutreffen ist) müsste man einmal gesondert abhandeln."
Abgesehen davon, dass die Rechten in Österreich inzwischen ohnedies an der Macht sind, muss man das mit der Absurdität vielleicht etwas relativieren: Natürlich ist ein Appell, wie ich ihn in meinem Text pointiert formuliert habe, für sich genommen absurd, ja paradox. Keine Frage. Aber Herrn Votzis Leitartikel vom 2. Juni 2018 hat mir vor Augen geführt, dass dabei doch auch (ein schäbiges, aber logisches) Kalkül der Krypto-Rechten dahintersteckt:
Krypto-Rechts (bis Liberal) will einen Vormarsch von Original-Rechts aus europapolitischen (und damit letztlich ökonomischen) Interessen verhindern. Mittel zum Zweck ist dabei die Ausländerpolitik, bei der man sich gern zum Handlanger der Original-Rechten machen lässt. Und zwar "gern" in doppeltem Sinne: erstens, weil man diese damit in Schach hält und so den Bestand der (eigenen) System-Interessen gegenüber den "EU-Feinden" schützt; und zweitens, weil man dabei das tun kann, was einem ohnedies zusagt (oder womit man jedenfalls kein Problem hat): gegen Flüchtlinge, Zuwanderung, Islam etc. zu agieren und zu agitieren.